Genau hundert Jahre lang war das Château Laulan Ducos in der Nähe von Bordeaux in Familienbesitz. Auf knapp 22 Hektar Rebfläche bauten die Ducos’ seit 1911 ihren Cabernet-Sauvignon an, rund 150.000 Flaschen produzieren sie derzeit im Jahr. Seit ein paar Tagen hat das Sagen allerdings ein neuer Herr: Der chinesische Luxusgüter-Konzern Tesiro kaufte das traditionsreiche Weingut im Médoc. Und Laulan Ducos ist nicht das erste Château, das in chinesischen Besitz übergeht – in den vergangenen drei Jahren wurden schon fünf andere französische Weingüter aus der namhaften Region von Besitzern aus dem Reich der Mitte übernommen.

 

“Es ist nur logisch, dass jetzt die Chinesen kommen”, meint Georges Haushalter vom Dachverband der Bordeaux-Weine (CIVB). “Das liegt in der Natur der Sache.” Früher hätten sich Engländer und Iren in französische Weingüter eingekauft, dann Niederländer, vor rund zwanzig Jahren vermehrt Unternehmer aus Japan, und nun eben Betriebe aus der aufstrebenden Volksrepublik China.

 

Richard Shen Dongjun schaute sich ein Jahr lang rund vierzig Weingüter an, bevor er sich für das Château Laulan Ducos entschied. “Ich wollte den ganzen Vorgang des Weinkelterns verstehen, nicht nur den Vertrieb, damit ich den Markt ausbauen kann”, sagt der 42-jährige Unternehmer, der im kommunistisch regierten China rund zweihundert Juwelierläden betreibt. Wein importiert Shen erst seit vergangenem Jahr. Im Rekordjahr 2010 schnellte die Nachfrage nach Bordeaux-Weinen in der Volksrepublik um sagenhafte 98 Prozent nach oben, zusammen mit ihrer Sonderhandelszone Hongkong führte sie Wein im Wert von 333 Millionen Euro ein und wurde damit zum größten Exportpartner der Region.

 

“In China entwickelt sich der Markt für Wein sehr, sehr schnell”, bestätigt Shen. “Da wartet ein richtiges Geschäft.” Französischer Wein und vor allem Bordeaux seien den Chinesen ein Begriff. “Dem Namen nach kennt aber kaum einer einen Wein”, meint der neue Eigentümer des Château Laulan Ducos, der mit dem Wein eine neue Marke in seiner Heimat aufbauen will.

 

Während der Anbau und der Handel in Bordeaux seit jeher getrennt sind und mächtige Handelshäuser den Wein in Frankreich und die ganze Welt verkaufen, will der Chef von Tesiro diese “Maisons de négoce” umgehen. Er plant, seinen Cabernet-Sauvignon von A bis Z auf den chinesischen Markt zuzuschneiden und ihn als Luxuserzeugnis einzuführen. Künftig soll die gesamte Jahresproduktion nach China gehen – und das ist erst der Anfang für Shen, der weitere Weingüter dazukaufen will.

 

Wer sich Wein als Chinese leisten könne, habe es gern “lieblich”, sagt der Önologe Stéphane Toutoundji, der zwei – und demnächst sogar drei – der südwestfranzösischen Weingüter in chinesischer Hand berät. “Die Chinesen mögen Wein ohne allzu viel Tannin und mit nicht zuviel Eiche im Geschmack. Sie hassen es, wenn der Wein bitter ist.” Auf dem chinesischen Weinmarkt sei “Charme, Eleganz und Ausgewogenheit” gefragt.

 

Auf den Geschmack seiner Landsleute wird Shen natürlich Rücksicht nehmen, auch wenn der bisherige Miteigentümer des Château Laulan Ducos, Frédéric Ducos, tapfer auf das Qualitätsstreben der Unternehmensgruppe Tesiro verweist, die sich in der Diamantenveredelung einen Namen gemacht hat. Zwischen den Käufern des Familienbetriebs und ihm herrsche “eine sehr gute Synergie”, sagt Ducos, der das Weingut als Betriebsleiter weiterführen wird.

 

Tesiro arbeitet auf dem heimischen Markt viel mit Hochzeitsplanern zusammen, die bislang hauptsächlich Diamantenschmuck an zahlungskräftige Kundschaft bringen. Das wird sich nun ändern, meint ein Manager von Tesiro: “Wenn wir unseren Schmuck für Hochzeiten verkaufen, warum nicht auch unseren Wein?”

 

Quelle: AFP / China Observer